(Arzthaftung – Behandlungsvertrag - §§ 630 a ff., 823 I, 253 II BGB)
Der BGH hat die für Arzthaftungsprozesse geltenden allgemeinen Beweisregeln in einer Entscheidung vom 24.11.2020, Az. VI ZR 415/19, wiederum verdeutlicht. Für eine konkrete Tatsache ist Beweis zu führen (Augenschein, Sachverständiger, Zeugenaussage, Urkunde, Partievernehmung). Wenn der Beweis von der Gegenseite nicht ausreichend bestritten wird, gilt die Tatsache als zugestanden.
Im konkreten Fall hatte der Kläger behauptet, dass bei einer Injektion am 03.12.2013 der behandelnde Arzt keine Handschuhe getragen, keine Handreinigung durchgeführt und eine Spritze verwendet habe, die ihm zuvor zu Boden gefallen sei. Dadurch sei es zu einer Infektion gekommen. Der Kläger verlangte deshalb von der Beklagten Schmerzensgeld und Schadensersatz (u. a. wegen Verdienstausfall).
Generell trägt der Kläger in solchen Fällen für den behaupteten Behandlungsfehler (§ 630 a Abs. 2 BGB) die Darlegungs- und Beweislast. Für die Beklagte lag hier auch kein vollbeherrschbares Risiko vor, sodass nach der Beweislastregel des § 630 h Abs. 1 BGB kein Behandlungsfehler zugunsten des Klägers vermutet wurde.
Allerdings hatte die Beklagte vorgetragen, dass der venöse Zugang durch den Arzt Dr. R. gelegt worden sei, der notwendige Hygienestandard sei korrekt eingehalten worden. Man spricht hier auch von sekundärer Beweislast. Bei der Beweisaufnahme stellte sich jedoch heraus, dass nicht der Zeuge Dr. R., sondern eine andere Person die Infusion gelegt hatte. Dies führt nach den Regeln des Zivilprozesses dazu, dass die Beklagte nicht ausreichend die Behauptung des Klägers bestritten hat.
Denn es gilt: Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, gelten als zugestanden (§ 138 III ZPO).
Im Ergebnis wurde die Angelegenheit wieder an das Berufungsgericht (OLG München) zurückverwiesen.
Bedeutung für die Praxis: Die Bedeutung der korrekten Dokumentation in der Patientenakte für die Beweisführung wird anhand dieses Urteils sehr deutlich.